Reise 2007: China
Shanghai / Souzhou / Hangzhou / Chongqing / MS East King / Fengdu /
Dreischluchten-Damm / Wuhan / Xian / Beijing / Chengde / Shanghai
Suzhou, 05.09.2007
Per PKW geht es nach Suzhou, der 2.500 Jahre alten Stadt, die wegen ihrer
vielen Kanäle auch 'Venedig des Ostens' genannt wird. Einige sind
verschwunden, einer umschließt immer noch als Wall die Kernstadt. Die Stadt
hat 10 Mio. Einwohner. Von diesen leben 700.000 in der Kernstadt. Shao ist
hier noch unser Begleiter. Es ist seine Heimatstadt, und er bringt seinen
Eltern einen 'Mondkuchen' zum 'Mid Autumn Festival', das in diesem Jahr am
25.09. gefeiert wird. Dazu gibt es folgende Sage:
'Es heißt, dass 1280 AD die Song Dynastie von den Mongolen zerstört wurde
und die Mongolen China während der gesamten Yuan Dynastie (1280 - 1368 AD)
kontrollierten. In dieser Zeit wurden die Chinesen unterdrückt, verfolgt und
wie Sklaven behandelt. Letztendlich planten sie eine Revolte, die 1368
während des August-Mondfestes stattfinden sollte. Da die Mongolen keine
Mondkuchen essen, sollten geheime Botschaften in diese eingebacken werden,
die besagten, dass alle Mongolen nach dem August-Mond-Familientreffen
exekutiert werden sollten. Die chinesischen Familien wurden angewiesen, ihre
Mondkuchen nicht vor dem 15. Tag des 8. Mondkalenders zu essen. So wurden
alle gleichzeitig informiert und der Plan gelang. Dies war der Beginn der
Tradition, nach der man in der Familie und im Freundes- und Kollegenkreis
auch heute noch Mondkuchen anbietet.'
Suzhou ist ebenfalls berühmt für seine prächtigen klassischen Gärten, die
sich in der Zeit der Ming und Qing Dynastien reiche Hofbedienstete anlegen
ließen, um dort in Ruhe ihren Lebensabend zu genießen.
Zwei davon werden wir heute besichtigen, beide von der UNESCO zum
Weltkulturerbe erklärt.
Der Weg zum Garten des Meisters der Fischernetze führt vorbei an
interessanten kleinen Marktständen.
Später besichtigen wir die beste Seidenspinnerei von Suzhou. Wir bekamen
eine Einführung in die Seidenherstellung, angefangen bei den Seidenraupen,
die sich nur auf Maulbeerbäumen aufhalten, weil die Blätter ihre einzige
Nahrung sind. Ein Schmetterling legt 500 Eier ab, daraus werden 500
Raupen, die 500 km Seidenfaden spinnen und daraus werden zum Schluss 1,8 m²
Seide. Es war spannend, 500 Jahre Seidengeschichte zu erleben und alle
Produktionsschritte zu erkunden. Immerhin entstanden hier auch ‚des Kaisers
neue Kleider'. Richtig interessant wurde es für mich allerdings erst ab der
Webtechnik bis hin zu den Endprodukten.
Als ein herausragendes Exemplar chinesischer Gartenkunst und zugleich als
der größte klassische Garten in Suzhou gilt der Garten des bescheidenen
Beamten. Er wurde 1509 auf einem Areal von 5,2 ha errichtet, im 4. Jahr
der Zhengde-Regierung in der Ming-Dynastie. Damit hat er beinahe eine
500-jährige Geschichte. Die Anlage ist von klassischer Eleganz und bietet
ausgedehnte Blickwinkel auf herrliche Lotusteiche und üppigen Baum- und
Pflanzenbewuchs. Der Garten ist aufgeteilt in je einen östlichen, westlichen
und mittleren Abschnitt. Im Frühjahr findet ein Azaleen- und im Sommer ein
Lotusfest statt. Die erfrischenden Aromen der Blüten tragen sehr dazu bei,
dass Besucher sich wohl fühlen und eine besondere innere Einkehr erfahren.
Das Omega ist eine beliebte Form der Türöffnung und verschafft interessante
Einblicke.
Suzhou, 06.09.2007
Wir haben einen neuen Guide. Sie nennt sich Lily und kommt aus der Inneren
Mongolei. Gegen 10:00h verlassen wir die wunderschöne von L.M. Pei
(amerikanisch-chinesischer Architekt) entworfene Sheraton-Hotel-Anlage. Mit
dem PKW geht es zu dem alten Fischerdorf Wuzhen.
Unterwegs bewundern wir wieder die gute Infrastruktur. Die breiten Straßen
sind durch sehr gepflegte Mittelstreifen getrennt, die häufig mit Buchs
bewachsen sind, der in verschiedene Formen geschnitten wurde
(pflegeintensiv!). Am Weg erkennen wir viel Landwirtschaft, Fisch-, Austern-
und Krabbenzucht in künstlich angelegten Teichen und Reisfelder. Die
Farmhäuser sind zum Teil sehr schön und mehrgeschossig. Wir fahren auch
wieder an unzähligen Hochhäusern vorbei. Viele sind im Bau befindlich, wie
es überhaupt überall von Baustellen nur so wimmelt.
Wuzhen ist von Kanälen durchzogen und auch von einem Wasserweg umgeben, der
früher abends verschlossen wurde. Damals verkehrten die Bewohner nur per
Boot. Die zwischen den Kanälen liegenden Holzhäuser sind dicht aneinander
gebaut. Es gibt auch schmale Straßen. Die Anlage ist bewohnt. Lily sagt
dazu, dass es sich überwiegend um alte Menschen handelt. Offene Türen geben
den Blick frei auf meist spartanische Einrichtung. Allerdings hat die
moderne Technik Einzug gehalten, denn es gibt Fernsehen, Telefon und
Internet, wenn auch nicht überall. Ansonsten werden sämtliche chinesischen
Traditionen dargestellt. Eine alte Apotheke wird sogar betrieben.
Großes Interesse finden wir an einer antiken Bettenausstellung. Es handelt
sich um ca. 30 Holzbetten, die mit aufwändigen Schnitzereien verziert sind.
Die Darstellungen lassen Rückschlüsse auf die Besitzer zu.
Das schönste und wertvollste Bett ist im Grunde ein kleines Appartement und
hat 4 Abteilungen:
1. zum Abstellen der Schuhe
2. zum Ablegen der Kleidung
3. für das Nachtgeschirr
4. das Bett an sich.
Aus Holz geschnitzt und reich verziert ist auch ein 'Don't disturb'-Anhänger.
Ein weiteres Highlight ist das Einfärben und Bedrucken von Indigo-Stoffen.
Auf lebensgroßen Puppen wird die Mode für Mann und Frau über die
Jahrhunderte präsentiert. Ganz besonders sehenswert ist die Darstellung der
Hochzeitszeremonie, eine lebensechte Szene mit 6 Personen. Im Hintergrund
sitzen die Eltern des Bräutigams. Davor steht die Braut, verschleiert mit
einem roten Schal über dem Kopf. Der Bräutigam - er hat die Braut noch nie
vorher gesehen, da die Ehe von den Eltern arrangiert wurde - lüftet den
Schleier in 3 Etappen. Lily sagt: "Damit er nicht erschrickt, falls sie
hässlich ist." Dies wäre allerdings kein Ehehindernis. Ein Scheidungsgrund
wäre allein durch Kinderlosigkeit der Braut gegeben. Neben der Braut steht
die Heiratsvermittlerin und neben dem Bräutigam steht sein Trauzeuge.
Die Brauteltern müssen der Braut eine riesige Aussteuer mitgeben. Ganz
wichtig sind Quilts, die am besten aus Seide sein sollten, da diese sich
nicht mit Feuchtigkeit voll saugen. Wolle ist noch so gerade akzeptabel,
aber Baumwolle führt zur Missachtung bei den Schwiegereltern, wo die Braut
demnächst leben wird. Zum Glück, sagt Lily, gehören diese Bräuche der
Vergangenheit an und man heiratet jetzt 'Western Style'.
Zu unserem Bedauern wollen die Menschen oft nicht fotografiert werden, weil
sie glauben, dass man dabei ihre Seele stiehlt. Unsere freundlichen Bitten
werden deshalb meist abgelehnt.
Weinkellerei und Ausschank.
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